Zwischen introvertiert und extrovertiert: Sind Sie ambivertiert?

Entdecken Sie, was ambivertierte Menschen ausmacht und wo ihre Stärken liegen

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Sind Sie eher intro- oder extrovertiert? Wenn Sie bei der Antwort zögern, geht es Ihnen wie den meisten Menschen. Denn vielleicht sind Sie ja „sowohl – als auch“: Sie können Mittelpunkt jeder Party sein, genießen aber auch die Zeit allein mit einem guten Buch auf dem Sofa. Sie können abends beim Karaoke richtig aufdrehen und am nächsten Tag still und fokussiert im Büro arbeiten. Wenn Ihnen das bekannt vorkommt, spricht vieles dafür, dass Sie eine ambivertierte Persönlichkeit sind. Lesen Sie in diesem Artikel, was sich hinter dem Begriff verbirgt und welche Vorteile die Ambiversion mit sich bringt.

Was versteht man unter Extraversion als Persönlichkeitsmerkmal?

Ob introvertiert, extrovertiert oder ambivertiert: Alle drei sind Ausprägungen des Persönlichkeitsmerkmals Extraversion. Das ist eine von fünf Eigenschaften, die das sogenannte Big-Five-Modell nutzt, um die menschliche Persönlichkeit zu beschreiben. Der Begriff wurde zuerst von dem Schweizer Psychiater Carl Gustav Jung geprägt und setzt sich aus den lateinischen Wörtern extra (außen) und vertere ((zu)wenden) zusammen. Damit bewertet Extraversion das Ausmaß, in dem eine Person nach außen gewandt ist und ihre Energie aus den Interaktionen mit anderen bezieht.

Kurz erklärt: das Big-Five-Modell

Das weit verbreitete psychologische Konzept geht davon aus, dass die menschliche Persönlichkeit hauptsächlich durch fünf Charaktereigenschaften bestimmt wird. Neben der Extraversion als Nach-außen-Gewandtheit gehören weiterhin dazu: die Offenheit für neue Ideen und Erfahrungen, die Gewissenhaftigkeit, die soziale Verträglichkeit und die emotionale Stabilität (Neurotizismus). Dieses Fünf-Faktoren-Modell liegt den meisten Persönlichkeitstests zugrunde.

Introvertierte vs. Extrovertierte: Was kennzeichnet die beiden Persönlichkeitstypen?

Wie stark eine Person nach außen gekehrt ist, ist individuell sehr unterschiedlich. Diese Unterschiede lassen sich zu etwa 50 % auf die Vererbung zurückführen. Eine weitere wichtige Rolle spielt, wie ein Mensch aufwächst und ob ihm geselliges Verhalten in Familie und Freundeskreis vorgelebt wird. Lange Zeit standen lediglich die beiden extremen Ausprägungen dieses Persönlichkeitsmerkmals im Fokus: introvertierte und extrovertierte Menschen.

Als extrovertiert – oder richtiger extravertiert – gelten Personen, die gefühlt nie stillsitzen und oft unterwegs sind. Ob beruflich oder privat: Sie lieben soziale Kontakte und beziehen ihre Energie aus dem Austausch mit anderen. Zudem werden sie als impulsiv, laut, fröhlich, herzlich und abenteuerlustig beschrieben.

Introvertierte Personen sind das exakte Gegenteil. Mitmenschen nehmen sie als in sich gekehrt, ernst, ruhig und zurückhaltend wahr. Introvertierte reagieren sehr sensibel auf äußere Reize und brauchen daher nur wenige soziale Interaktionen, die sie Kraft kosten. Sie verbringen lieber Zeit allein, weil sie daraus Energie schöpfen.

Den meisten Menschen fällt es schwer, sich in eine der beiden Kategorien „introvertiert“ oder „extrovertiert“ einzuordnen. Sie sehen sich irgendwo dazwischen. Und das ist ganz normal. Denn so wie Linkshänder auch die rechte Hand benutzen und Rechtshänder die linke, besitzen viele introvertierte und extrovertierte Eigenschaften. Daher ist in den vergangenen Jahren verstärkt die ambivertierte Persönlichkeit in das Zentrum des Interesses gerückt.

Was bedeutet es, ambivertiert zu sein?

Wie die Vorsilbe ambi, griechisch für beide, schon sagt, vereinen ambivertierte Menschen zwei Seiten in sich. Sie weisen in ihrer Persönlichkeit sowohl extrovertierte als auch introvertierte Merkmale auf. Je nach Umfeld und Laune können sie sich flexibel zwischen beiden Verhaltensweisen bewegen.

Das heißt: Ambivertierte Personen …

  • … passen sich leicht an verschiedene Situationen und Menschen an.
  • … können Energie aus der Interaktion mit anderen ziehen, brauchen aber auch Zeit allein, um sich zu regenerieren.
  • … genießen die Gesellschaft anderer Menschen, suchen aber nicht ständig Kontakt und Austausch.

Was sind die Vorteile für ambivertierte Menschen?

Dass ambivertierte Menschen das Gute zweier Welten verbinden, macht sich vor allem im Job positiv bemerkbar. Denn sie verfügen über wertvolle Soft Skills, die der Karriere förderlich sind:

Vor welchen Herausforderungen stehen ambivertierte Menschen?

Wie introvertierte und extrovertierte Persönlichkeiten haben auch ambivertierte Menschen ihre ganz eigenen Herausforderungen. Und die hängen vor allem mit ihrer Flexibilität und Anpassungsfähigkeit zusammen.

So ist es wichtig, die richtige Balance zu finden, zwischen den Unternehmungen mit anderen und den Aktivitäten allein. Zu viel Zeit in der einen oder anderen Situation kann zu Erschöpfung oder einem Gefühl der Einsamkeit führen. Ambivertierte Menschen sollten daher durch Achtsamkeit ihre introvertierten und extrovertierten Bedürfnisse gut kennenlernen und verstehen, in welchem Verhältnis diese zueinander stehen. Meditation kann dabei helfen, in sich hineinzuhören. So stellt sich vielleicht heraus: „Ich brauche zwei Wochenenden im Monat für mich, um zu regenerieren.“ oder „Es hilft mir, mich jeden zweiten Tag per WhatsApp im Freundeskreis auszutauschen, um mich integriert zu fühlen.“ 

Ambivertierte Menschen sollten sich zudem nicht an alles anpassen, nur weil sie es können. Es gibt auch für sie Situationen, in denen sie sich mehr oder weniger wohlfühlen. Welche das sind, ist von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich: Während den einen spontane Präsentationen stressen, ist ein anderer belastet, wenn er sehr lange mit Aufgaben allein gelassen wird. Für ambivertierte Personen gilt daher auch ein Grundsatz, den jeder Mensch beherzigen sollte: Es ist wichtig, Situationen zu identifizieren, die beflügeln, und solche zu vermeiden, die zu viel Kraft kosten.

Sind Sie ambivertiert? Finden Sie es heraus.

Wenn Sie wissen wollen, ob Sie eine ambivertierte Persönlichkeit sind, können folgende Fragen eine Hilfe sein:

  • Können Sie Aufgaben und Projekte sowohl allein als auch im Team gut erledigen?
  • Genießen Sie Anlässe mit anderen Menschen, von zu viel Gesellschaft haben Sie aber schnell genug?
  • Finden Sie es schön, ab und an im Mittelpunkt zu stehen, ständige Aufmerksamkeit brauchen Sie allerdings nicht?
  • Halten manche Menschen Sie eher für zurückhaltend, während andere Sie als gesellig beschreiben?
  • Schätzen Sie es, auch mal Leerlauf zu haben? Zu viel Ruhe belastet Sie aber auf Dauer? 
  • Können Sie sich in Ihre eigenen Gedanken genauso vertiefen wie in ein gutes Gespräch?
  • Small Talk fällt Ihnen leicht, langweilt Sie aber schnell?
  • Zu viel Zeit allein zu verbringen ist für Sie genauso herausfordernd, wie zu viel Zeit mit anderen zu teilen?
  • In manchen Situationen sind Sie anderen Menschen gegenüber skeptisch, in anderen vertrauen Sie recht schnell?

Wenn Sie mehrere Fragen mit Ja beantwortet haben, spricht vieles dafür, dass Sie ein ambivertierter Mensch sind. Doch dazu sei gesagt: Egal, ob introvertiert, extrovertiert oder ambivertiert: Jede der drei Persönlichkeiten hat ihre Vorteile. Diese gilt es einfach zu erkennen und im Job und Privatleben bestmöglich zu nutzen. Fangen Sie also gleich damit an, Ihre Stärken zu entdecken.

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