„Wir stehen vor einer grundsätzlichen Transformationsaufgabe.“

Meinung: SBK-Vorständin Dr. Gertrud Demmler nimmt die Veröffentlichung des Geschäftsberichts 2023 zum Anlass, um über die Herausforderungen eines nachhaltigen Gesundheitswesens zu sprechen. (24.07.2024)

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Ganz aktuell ist unser Geschäftsbericht 2023 erschienen. Genau wie letztes Jahr nutze ich diesen Anlass, um einen Blick auf die Finanzlage der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) in Deutschland zu werfen – und genau wie letztes Jahr kann ich nur betonen: Wir brauchen eine dringende Finanzreform für die GKV.

Und dabei geht es nicht nur um das Ergebnis der SBK. Wir haben zwar mit einem leichten Defizit abgeschlossen, stehen aber insgesamt solide da. Es geht um das Ergebnis der gesamten GKV und die immense Ausgabendynamik, die sich in den letzten Jahren entwickelt hat.

Die Entwicklungen in der SBK sind exemplarisch für die der GKV: Krankenhausausgaben sind absolut gesehen um 9,5 % im Vergleich zum Vorjahr gestiegen, die Kosten für Arzneimittel und für Krankengeld um 3,7 % bzw. 6,3 %. Eine Verbesserung der Versorgung spüren die Versicherten jedoch im Gegenzug nicht – gefühlt werden die Bedingungen sogar schlechter.

Steigende Beiträge sind derzeit der einzige Lösungsansatz der Politik

Ein Ende dieser Entwicklung ist nicht abzusehen. Eine Finanzreform wurde 2023 nicht beschlossen. Die lang erwarteten Empfehlungen für eine stabile, verlässliche und solidarische Finanzierung, die das Bundesgesundheitsministerium im Laufe des letzten Jahres vorgelegt hat, bieten keine Lösungen. Ganz im Gegenteil: Aufgrund des Urteils des Bundesverfassungsgerichts zum Bundeshaushalt wurden schon geplante Maßnahmen – wie zum Beispiel die hinreichende Finanzierung der Ausgaben von Bürgergeldempfängern aus Bundesmitteln – aus dem Vorhabenkatalog gestrichen. Dafür wurden teure Transformationsvorhaben auf die Agenda gesetzt. Zu deren Finanzierung wird erneut die Solidargemeinschaft aus Versicherten und ihren Arbeitgebenden zur Kasse gebeten.

Nun könnte man sagen: Es sind ja die Versicherten, die diese Ausgaben verursachen – dann müssen sie auch dafür bezahlen! Dem kann ich nur entgegnen: Nein, diese Ausgaben verursachen nicht die Versicherten. Diese Ausgaben verursacht ein ineffizientes System, in dem versucht wird systemisch verursachte Ressourcenknappheit mit immer steigenden Beiträgen zu kompensieren.  

Qualitätsorientierte Versorgungspfade sind unerlässlich für eine nachhaltige Finanzierung

Wir stehen vor einer grundsätzlichen Transformationsaufgabe, um gute Gesundheitsversorgung nachhaltig finanzierbar zu machen. Im Rahmen dieser Transformation ist es eine der größten Herausforderungen, die Patienten- und Qualitätsorientierung in das Zentrum der Versorgungsgestaltung zu stellen und endlich die sektorale Trennung abzulösen. Dies gelingt nur, wenn wir im Rahmen der anstehenden Reformen nicht nur über Geld und Strukturen sprechen, sondern Prozesse und Entscheidungs-/Gestaltungsrollen in Frage stellen. Lösungsansätze gibt es viele, sie sind alle bekannt und viel diskutiert. Es braucht jedoch zwei Dinge, damit diese auch ihren Niederschlag in der Realität finden: Es braucht den Mut, die notwendigen Reformen anzugehen und es braucht einen fundamentalen Kulturwandel in der Zusammenarbeit und in der Ausrichtung des Gesundheitswesens an der Patient Journey. Eine Patientenreise, in der auch die Selbstwirksamkeit und Resilienz der Patienten als Grundprinzip beachtet und damit Gesunderhaltung ein Leben lang zum Grundsatz erhoben wird. Was es nicht braucht: Detailsteuerung und technokratische, zentrale Lösungen. Denn diese schaffen keine tragfähigen Zukunftslösungen.

Drei Punkte für eine nachhaltige Transformation des Gesundheitswesens

 

  • Mehr Patientenblick

Gute Versorgung rückt Menschen in den Mittelpunkt. Sie müssen ihre Versorgung mitgestalten, ihre Erfahrungen teilen. Im Austausch und auf Augenhöhe mit allen beteiligten Akteuren. Deshalb dürfen wir bei den anstehenden Reformen nicht nur über Geld sprechen, sondern müssen Prozesse und Entscheidungsrollen in Frage stellen.

 

  • Mehr Vernetzung

Gute Vernetzung wird durch die fortschreitende Digitalisierung entscheidend vereinfacht. Aber der digitale Austausch von Informationen ist nicht nur der Grundstein für effiziente Prozesse. Er ermöglicht uns auch, die Versorgung ganzheitlich zu denken und so die Qualität zu erhöhen. 

 

  • Mehr Qualitätstransparenz

Gute Qualität muss sich lohnen. Dafür müssen wir Qualität messen – Strukturqualität, Prozessqualität und Ergebnisqualität – und die Ergebnisse transparent machen. 

Die hier zur Verfügung gestellten Inhalte dürfen, unter Angabe der Quelle SBK Siemens-Betriebskrankenkasse, veröffentlicht werden.


 


 

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